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BDA-Vorstandsarbeit wirkt, bleibt aber das Bohren von dicken Brettern

23. Februar 2019

Richard Schmalöer, nach 14 Jahren BDA-Vorstandsarbeit, davon 10 Jahre als Sprecher, gibt er das Heft in jüngere Hände.

Eine gehörige Portion Selbstlosigkeit gehöre dazu, wenn man den Bund Deutscher Architekten nach außen wie innen vertreten möchte. Findet Architekt und Stadtplaner Richard Schmalöer (Jahrgang 1962). 14 Jahre ist er im BDA-Vorstand der Gruppe  Dortmund Hamm Unna für gute Architektur und eine qualitätvolle Stadtplanung eingetreten, war zuletzt zehn Jahre lang deren Sprecher. Zum Ausstieg und Vorstandswechsel ein Gespräch über große und kleine Erfolge, auch herbe Enttäuschungen, über aktuelle Themen und Herausforderungen für Architekten, Stadtplaner und Stadtspitzen gleichermaßen.

Als Sie vor 14 Jahren als BDA-Vorstand angetreten sind, mit welchen Erwartungen, welchen Zielen haben Sie sich der Aufgabe gestellt?

Ich hänge an Dortmund und wollte endlich mehr architektonische Qualität, mehr Vielfalt in unserer Stadt. Viele meiner Kommilitonen sind nach dem Studium nach Berlin gegangen. Ich habe immer schon in unserer Region viel Potenzial für Architekten gesehen. Der BDA war für mich der richtige Weg, sich einzubringen in die Stadtgestaltung. Auch weil er (nicht nur für mich) ein Qualitätssiegel ist.

Was sind Projekte, Maßnahmen des BDA, die Ihnen besonders wichtig waren, wichtig sind?

Die drei Architekturbücher, die der BDA initiiert und mit- herausgegeben hat, waren ein Meilenstein. Endlich wurde die Besonderheit der Architektur unserer Stadt in ihren Qualitäten erkannt und dokumentiert. Damit waren wir Impulsgeber für die Debatte über die jüngere Architekturgeschichte in unserer Region.

Auch die Bildung einer starken Gruppe Dortmund Hamm Unna war eine richtige und wichtige Entscheidung, was nur mit einer professionell geführten Geschäftsstelle möglich war.

Der BDA gestaltet regelmäßig das Forum StadtBauKultur mit, war maßgeblich an der Rettung des alten Gesundheitsamtes (Will Schwarz) und des früheren Ostwallmuseums beteiligt, das nach langem Ringen ein spektakuläres Haus der Baukultur geworden ist.  Der BDA hat die Wettbewerbskultur befeuert und als ein Initiator den Dortmunder Hafen ins Blickfeld (Heimathafen) gerückt.

Gute Stadtplanung, eine qualitätvolle Stadtgestaltung ist das Bohren dicker Bretter. Gab es auch Enttäuschungen? Widerstände?

Der Umgang mit der B1 ist für mich eine große Enttäuschung. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass in der Verkehrsplanung, im Tiefbau viel zu wenig über Gestaltung nachgedacht wird. Wir brauchen eine menschengerechte Stadt, stattdessen bauen wir immer noch und immer wieder autogerecht.

Modewort Netzwerken. Eine große Herausforderung unserer Zeit. Wie kann sich ein Verband wie der BDA in der Stadtgesellschaft Gehör verschaffen, sich in die Debatten einbringen?

Es ist wichtig, sich einzumischen. Dazu gehört, in Gremien zu sitzen und hier sein Wort zu machen. Im Laufe der Zeit wird das selbstlose Engagement des BDA anerkannt, wir haben uns als Bund Deutscher Architekten einen Stellenwert erarbeitet. Wir moderieren und kommunizieren. Kritik üben gehört natürlich auch dazu, aber nur Kontra bringt selten etwas. Mit der Schönheit der Stadt zu punkten, war vor 10, 14 Jahren sehr schwierig. Da ging es immer nur um Finanzen und Arbeitsplätze. Letztendlich haben wir mit unseren Argumenten für die Verschönerung der Stadt, mit dem Pochen auf Qualität Recht behalten. Heute glaubt man uns in Politik und Verwaltung.

Welche Herausforderungen im Bereich Städtebau und Verkehr in unserer Region sehen Sie für die kommenden Jahre?

Die mobile Gesellschaft verändert sich. Darauf müssen wir mit der Gestaltung des öffentlichen Raums reagieren.

Wir müssen aus den vermeintlichen Schwächen Positives entwickeln, wie wir es mit den Industriebrachen hinbekommen haben. Der Großsiedlungsbau wäre da eine der Aufgaben. Wie kann man solche Quartiere nachverdichten und umstrukturieren? Da dürfte es meist nicht reichen, nur neue gedämmte Fassaden vor den Waschbeton zu hängen.

Schon bei der Vergabe von Grundstücken sollte es strenge Vorgaben in Bezug auf die Gestaltung geben bis hin zu Materialvorgaben, die kaufvertraglich vereinbart werden.

In Dortmund bleibt die Nordstadt ein großes Aufgabenfeld und darin der extrem spannende Hafen

Pflege und Unterhaltung der städtischen Immobilien müssen besser werden, zudem ist auch aus ökologischer Sicht das Bauen im Bestand das Gebot der Stunde.

Zugespitzte Frage: Wem gehört eigentlich mittlerweile die Stadt? Werden künftig nur noch Reiche richtig gut wohnen?

Es stimmt: Bauen und Wohnen werden immer teurer. Die Regulierungswut der Gesetzgeber und Lobbyisten ist nicht zu stoppen. Auch ist mit anonymen Fonds oder Großinvestoren, die nur auf die Rendite schielen, keine nachhaltige Stadtentwicklung möglich. Die Grundstücke werden knapp, Planungsrecht zu schaffen, wird immer komplizierter. Wir stehen uns bei vielen Dingen durch unser Anspruchsdenken selbst im Weg.

Es darf als Glücksfall gelten, wenn einer Stadt noch Grundstücke gehören und diese verfügbar sind. Aber diese Reserven schrumpfen. So sind in Dortmund z.B. die Flächenpools für Ausgleichsmaßnahmen aufgebraucht. Erbpacht könnte ein Thema sein, auch der genossenschaftliche Bau muss wieder ins Blickfeld rücken, insbesondere für den öffentlich geförderten Wohnungsbau.  Die Durchmischung der Stadt ist in jedem Fall das richtige Ziel. Monostrukturelle Wohngebiete bergen gesellschaftlichen Sprengstoff und sollten vermieden werden. Architektur kann da vielleicht sogar mehr tun als nur reagieren. Architekten müssen sich mit intelligenten Vorschlägen auch in die gesellschaftliche Debatte einbringen.

Sie haben drei Wünsche für Ihre Nachfolger frei:

– Genug Energie auch für das Ehrenamt

– Eine gute Zusammenarbeit mit Vertretern der Stadtspitzen

– Der BDA als Impulsgeber für neue Entwicklungen, nicht nur als Kritiker

Die Mitgliederversammlung dankte dem  scheidenden Trio für eine erfolgreiche BDA-Vorstandsarbeit: (v.l.) Björn Schreiter, Richard Schmalöer und Dr. Peter Kroos.

Text/Fotos: Simone Melenk