Themen

Der Beruf des Architekten

16. Juli 2008

I. Das Berufsbild der Architekten und Stadtplaner

Das Berufsbild der Architekten und Stadtplaner beinhaltet künstlerisch-gestalterische, technische, soziologische und organisatorisch-wirtschaftliche Fähigkeiten. Es ist damit eng an gesellschaftliche Veränderungen gebunden und einem dauerhaften Wandel unterworfen. Der BDA hat sich im Sinne seiner Ziele die Auseinandersetzung mit diesem Wandel und die Beeinflussung der Entwicklung des Berufsbildes dauerhaft zur Aufgabe gemacht.

Faktoren der Veränderung sind technologische Entwicklungen, gewandelte gesellschaftliche Wertevorstellungen sowie Änderungen in der Organisation und dem Ablauf des Entstehungs- und Produktionsprozesses von Stadt und Gebäuden.

Veränderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, des Wettbewerbswesens, der Normung, der Haftung, der Baugesetzgebung und der Rechtsprechung machen eine Anpassung von Form und Inhalt der Berufsausübung erforderlich, um das Ziel der Qualität des Planens und Bauens zu sichern.

Ein nachhaltig geschrumpftes Bauvolumen und seit zehn Jahren konstante oder gar sinkende Baupreise – und damit auch Planungshonorare – haben zu einer kaum noch auskömmlichen wirtschaftlichen Situation in den Architekturbüros geführt. Produktivitätsfortschritte wurden durch Anhebung von Planungsstandards und zusätzliche Anforderungen kompensiert. Die wirtschaftliche Situation ist heute für eine Vielzahl von Büros, selbst im Falle eines ausreichenden Auftragsbestandes, bedrohlich. Die Auswirkungen des Kreditsicherungsgesetzes (Basel II) gefährden gerade kleine und mittlere Büros in ihrer Existenz. Nur die Begeisterung für die Architektur und ihre gesellschaftliche Aufgabe hält die Mitarbeiter in den Büros und lässt die Inhaber weitermachen.

Architekten und Stadtplaner bedürfen einer angemessenen Honorierung um ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nachkommen zu können. Dies ist durch die Honorarordnung heute nicht mehr gegeben. Um gerade auch die Qualität der Alltagsarchitektur sichern zu können, müssen die Mindestsätze der Honorarordnung auf eine auskömmliche Höhe angehoben werden.

Auch in Bezug auf die Definition und Beschreibung der Leistungen von Architekten und Stadtplanern entspricht die HOAI nicht mehr dem tatsächlich viel weiter zu fassenden Leistungsbedarf.

Die enge Definition der Leistungen hat mit dazu geführt, daß Architekten und Stadtplaner erst sehr spät Zugriff auf den erweiterten Planungs- und Beratungsbedarf im Planen und Bauen genommen haben. Ein großer Teil des Leistungsspektrums der Architekten und Stadtplaner liegt heute außerhalb der in der HOAI genannten Leistungsbilder.

Zunehmende Komplexität der Planung – Generalisierung und Spezialisierung

Die technisch-konstruktiven Anforderungen haben in den letzten Jahren im hohen Maße zugenommen. Die gewachsenen Anforderungen an die technische Gebäudeausrüstung, den Wärme- und Kälteschutz, die Energietechnik, den Brandschutz und die Akustik erfordern den Einsatz einer Vielzahl von Fachplanern und Spezialisten. EU-weite Anforderungen, wie die Einschaltung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordinators weiten den Kreis der Planungsbeteiligten aus.

Der Architekt ist heute selber nicht mehr in der Lage als allumfassender Baumeister die Vielzahl dieser Aufgaben zu übernehmen. Er ist auf Grund seiner Ausbildung und seines interdisziplinären Wissens aber der Einzige, der die Koordination der Vielzahl von Beteiligten und die Verantwortung für die Qualität des Gesamtergebnisses übernehmen kann. Dabei ist er eher Richtung gebender Koordinator als Generalist.

Andererseits sind Architekten auch als Teilaufgaben übernehmende Spezialisten in solchen Planungsteams tätig. Der Generalisierung in Bezug auf Koordination und Kommunikation steht die Spezialisierung auf Teilaspekte der Planung in konstruktiver und technischer Hinsicht gegenüber.

Für bestimmte Planungsaufgaben bilden sich ebenso Spezialisierungen heraus wie für Teilaufgaben, wie Entwurf, Design, Bauleitung oder auch Projektsteuerung und Leitung.

Zunehmende Komplexität der Aufgaben – Neue Berufsfelder außerhalb der HOAI

Auch Art und der Umfang der Aufgaben werden zunehmend vielfältiger und schwieriger. So wie für die Architekten das Bauen im Bestand zunehmend an Bedeutung gewinnt, tritt für die Stadtplaner der Stadtumbau an die Stelle der Stadterweiterung.

Das erforderliche Maß an Planung und Beratung bei der Realisierung von Bauvorhaben hat deutlich zugenommen. Machbarkeitsstudien als Grundlage für die Prüfung von Realisierungschancen in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht stehen am Planungsanfang. Zusätzlicher Beratungs- und Managementbedarf beginnt bei der Ermittlung von Nutzerbedürfnissen und begleitet die klassischen Planungsphasen. Das Verhältnis von Investitions- und Folgekosten gewinnt an Bedeutung. Betriebskostenplanung sowie Überlegungen zu Um- und Nachnutzung bis hin zum späteren Rückbau werden benötigt. Die Vorbereitung des Facility- Managements und die Integration in die Planung ist eine originäre Architektenaufgabe. Stadtmarketing, Standortplanung und Beratung von Kommunen und Investoren erweitern das Berufsbild der Stadtplaner.

Zunehmende Verantwortung – Der Generalplaner

Die Komplexität von Aufgabe und Planung führt in der Folge auch für den Auftraggeber zu zusätzlichen und erhöhten Anforderungen. Dem Wunsch der Bauherren zur Reduzierung ihrer Aufgaben, zum Beispiel durch Einsatz von Generalüber- und ‑unternehmern sowie von Projektsteuerern, begegnen Architekten durch das Angebot der verantwortlichen Übernahme der gesamten Planungsleistungen als Generalplaner. Erfolgreich werden Architekten damit wieder zum treuhänderischen Vertreter des Auftraggebers für den Bau. Verbunden ist dies jedoch mit der Übernahme zusätzlicher Verantwortung für die Planung anderer, mit erhöhten Haftungsrisiken, zusätzlichen Anforderungen an Management- und Kommunikationskompetenz und dem steuerlichen Status der Gewerblichkeit.

Unternehmerisches Handeln – Die Übernahme von Risiko

Die traditionelle Bauherrenrolle verschwindet zunehmend. Stattdessen tritt professionelles Immobilien- und Flächenmanagement in den Vordergrund. Der Auftraggeber ist in den seltensten Fällen noch der Nutzer und meist auch nicht der spätere Besitzer. Initialpunkt der Planung ist nicht mehr der Nutzungsbedarf sondern die Projektidee in Verbindung mit einer Marktuntersuchung.

Zusammen mit Initiatoren, Investoren und Entwicklern beteiligen sich Architekten heute an der Projektentwicklung und generieren so neue Aufträge. Dabei sind Vorleistungen, die erst bei Realisierung des Projektes vergütet werden, vielfach unausweichlich. Zusammen mit anderen Projektbeteiligten wird der Architekt unternehmerisch tätig, indem er das Risiko an der Vermarktung seiner bereits erbrachten Arbeit übernimmt.

Alternative Finanzierungsformen – PPP

Durch Einsatz alternativer Finanzierungsformen vorwiegend im Bereich öffentlicher Bauten und insbesondere bei Projekten im Bereich „Public-Private-Partnership“ werden schon im Angebotsstadium komplexe Planungen erforderlich. Als Partner der anbietenden Unternehmen und Träger übernehmen Architekten ein hohes Akquisitionsrisiko, erhalten sich damit aber die Rolle als unabhängiger und nicht weisungsgebundener Planer.

Die Verbindung des Architekturentwurfs mit dem wirtschaftlichen Angebot für Erstellung, Unterhaltung und Betrieb der Immobilie beinhaltet die Gefahr eines Qualitätsverlustes für die Planung. Anders als bei Wettbewerben erfolgt keine Bewertung der Qualität des Lösungsvorschlages im Wettbewerb im Ideen durch ein unabhängiges Gremium. Vielmehr besteht die Gefahr des Verlustes von Planungsqualität. Der BDA fordert deshalb die Verbindung des PPP-Verfahrens mit dem geregelten Architektenwettbewerb.

Internationalisierung der Planung – Öffnung der Märkte

Die Öffnung der Märkte in der Europäischen Union hat im Bereich größerer Projekte oberhalb des Schwellenwertes die regionalen Planungsmärkte zerstört. In der Folge erfordert dies für viele Architekten eine überregionale Ausweitung der Tätigkeit. Das begünstigt größere Bürostrukturen und fordert von kleinen Büros ein hohes Maß an Vernetzung mit Kooperationspartnern.

Angesichts des nachhaltig geschrumpften Marktes für Planungsleistungen in Deutschland orientiert sich eine Vielzahl von Architekten zunehmend auf dem internationalen Markt innerhalb und außerhalb der EU. Der hohe Standard der in Deutschland geforderten Planungsqualität kann dabei Grundlage für den Erfolg sein. Andere Anforderungsstrukturen an die Inhalte der Planung sowie andere wirtschaftliche Rahmenbedingungen erfordern höhere Flexibilität.

II. Architekten und Stadtplaner im Bund Deutscher Architekten BDA

Die Selbstverpflichtung der BDA-Mitglieder auf das zentrale Ziel – die Qualität des Planens und Bauens – ist der beste Garant für eine gute Planung.

Die von den BDA-Mitgliedern übernommene Verantwortung gegenüber der Gesellschaft für die Qualität des Planens und Bauens sichert das Ergebnis in einem Bauproduktionsprozess mit wechselnden Auftraggeberrollen, zunehmender Trennung von Auftraggeber, Besitzer und Nutzer, sowie sich von der Qualität der gebauten Umwelt zurückziehender Verantwortung von Politik und öffentlichen Auftraggebern.

Die Berufsgrundsätze des BDA sind Teil einer Berufsbilddiskussion. Auch sie müssen sich gesellschaftlichen Veränderungen und Anforderungen anpassen und stehen deshalb auch dauerhaft auf dem Prüfstand.

Qualität

Das klare Bekenntnis zur Qualität ist die Grundlage des BDA. Im BDA haben sich die Architekten zusammengeschlossen, die das Streben nach Qualität zur Grundlage ihrer beruflichen Tätigkeit gemacht haben. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich um den Leiter eines Großbüros oder um einzeln tätige Kolleginnen oder Kollegen handelt. Das gemeinsame Bekenntnis zur Qualität der Planung und das Bestreben, dieses auf allen Ebenen in Architektur und Städtebau umzusetzen, eint die Mitglieder des BDA.

Das nach allgemein verbindlichen Regeln erfolgende Berufungsverfahren in den BDA, in dem die Einhaltung der hohen Qualitätsanforderungen des Verbandes nachgewiesen wird, bleibt unbedingte Voraussetzung für die Mitgliedschaft im BDA.

Freiberuflichkeit

Frei oder Freischaffend im Sinne der Satzung des BDA bedeutet, die eigenverantwortliche Erbringung freiberuflicher, nicht beschreibbarer Leistungen in persönlicher Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt. Dazu gehört die Übernahme von gesellschaftlichen Fürsorgepflichten für die Qualität der Gestaltung und den Erhalt einer Lebenswerten Umwelt.

Die Übernahme von Verantwortung als Generalplaner und die von vielen Architekturbüros mittlerweile gewählte Rechtsform der Kapitalgesellschaft, wie z.B. derGmbH oder sogar der AG, stehen dem Verständnis des BDA einer freiberuflichen Ausübung des Berufs als Architekt oder Stadtplaner nicht entgegen.

Treuhänderische Tätigkeit und Unabhängigkeit

Auch wenn eine Reihe von Beispielen zeigt, daß auch der als Unternehmer oder Bauträger tätige Architekt in Eigenverantwortlichkeit hervorragende Ergebnisse erzielen kann, bleibt angesichts der Vielzahl von negativen Gegenbeispielen die Unabhängigkeit des BDA-Architekten von Produktions-, Handels- oder Lieferinteressen wesentlicher Berufsgrundsatz.

Eigenverantwortlichkeit – Weisungsfreiheit – Selbständigkeit

Architekten und Stadtplaner BDA erbringen ihre Leistungen eigenverantwortlich. Sie üben ihren Beruf unabhängig von Weisungen aus. Der werkvertragliche Charakter der Architektenleistung bewirkt, daß die Anforderungen des Auftraggebers zwar das Arbeitsergebnis beeinflussen können, nicht aber die Art und Weise wie es zustande kommt.

Als Selbständige arbeiten BDA-Architekten und -Stadtplaner auf eigene Rechnung und Gefahr. Diese Selbständigkeit in Verbindung mit der Unabhängigkeit von Weisungen bildet die Grundlage für ein partnerschaftliches Umgehen mit dem Auftraggeber und für die Übernahme von Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt.

Daraus ergibt sich, daß Mitglieder im BDA die Anforderungen auf Weisungsfreiheit und selbständige Tätigkeit erfüllen müssen. Diese Kriterien erfüllen auch Hochschullehrer dar, für die das verfassungsmäßige Recht auf Wissenschaftsfreiheit gilt.

Solidarität

Der BDA ist eine Solidargemeinschaft im Sinne des Strebens nach Umsetzung seiner Ziele, insbesonderer der Schaffung einer qualitätsvollen gebauten Umwelt. Das Konkurrenzverhältnis im beruflichen Alltag, die Forderung nach einem fairen Wettbewerbsverfahren für die Vergabe von Bauprojekten und die unterschiedlichen Formen der Berufsausübung stehen einer gemeinsamen Verfolgung der Zielsetzungen des Verbandes, wie sie in den Satzungen definiert sind, nicht entgegen. Das gemeinsame Streben schafft die Grundlage für die Umsetzung der Ziele und für den Einzelnen, das erforderliche Interesse, die Nachfrage nach qualitätvoller Architektur.

Das Berufsbild wird heterogen

Angesichts des erweiterten Aufgabenfeldes nehmen auch im BDA unterschiedliche Formen der Berufsausübung zu. Konzentration auf Teilleistungen oder spezielle Aufgaben, unterschiedliche Bürostrukturen vom freiberuflich tätigen ohne Mitarbeiter, bis zum Großbüro mit mehreren hundert Angestellten führen zu unterschiedlichen Berufsbildern. Architekten und Stadtplaner im BDA konzentrieren sich auf unterschiedliche Tätigkeitsschwerpunkte.

Die Mitglieder im BDA sind nicht gleich. Sie unterscheiden sich in Leistungsspektrum und Form der Berufsausübung ebenso wie in der Individualität des Ergebnisses ihrer Arbeit. Im BDA findet sich jedoch das ganze Spektrum möglicher Formen des Berufsbildes der Architekten und Stadtplaner wieder.

Was die BDA-Mitglieder eint, ist das klare Bekenntnis zur Qualität und das aktive Streben nach Baukultur.

Berlin, August 2005